In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können Sie der Einzel- und Paartherapeutin Dorothea Perkusic Ihre Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.
Ich habe das Gefühl, mit meinem Mann nur noch wegen der Kinder und der Angst, unser zu Hause zu verlieren zusammen zu sein. Ich fühle mich körperlich nicht mehr zu ihm hingezogen und auch Gespräche finden kaum noch statt. Wir sprechen eigentlich nur noch über die Kinder. Mein Mann macht mir Vorhaltungen, unterstützt mich jedoch auch sehr im Haushalt. Wenn ich genug Geld hätte, würde ich damit gerne das Haus für mich ablösen, damit mein Mann schuldenfrei ist und ich mit den Kindern hier wohnen bleiben kann. Gibt es überhaupt noch eine Chance, dass wir nochmal zusammenfinden?
Das Hauptproblem nennen Sie bereits selbst, Sie sprechen nicht miteinander über die Dinge die Sie beide als Paar betreffen, sondern nur noch über die Kinder und Alltägliches. Es kann eine Chance für Sie geben, jedoch müssen Sie Ihre Themen miteinander besprechen und klären um herausfinden zu können, wie genau Sie es angehen könnten, etwas in einer positivere Richtung zu verändern. Wann hat es begonnen, dass Sie sich voneinander zurückgezogen haben? Gab es dafür einen konkreten Auslöser? Eine verletzende Situation, eine massive Enttäuschung oder war es eine eher schleichende Entwicklung?
Materielle Dinge sind nich ausschlaggebend
Geld und Haus sollten nicht die einzigen Gründe eines weiteren Zusammenlebens sein. Diese Last können Sie auf Dauer kaum tragen und auch Ihren Kindern tun Sie damit keinen Gefallen.
Es hört sich an, als hätten Sie sich im Trubel des Alltags, der Belastungen durch Kinder und Familie auseinander gelebt und aus den Augen verloren. Dies ist sinnbildlich zu sehen. Wieviel zeigen sich noch voneinander, was können Sie tatsächlich noch sehen? Wahrscheinlich nicht viel. Dies kann erklären, warum Sie die Lage als so aussichtslos empfinden und sich abwartend, resigniert voneinander zurückgezogen und entfremdet haben.
Vielleicht haben Sie in der derzeitigen Situation der Ausgangsbeschränkung etwas mehr Zeit miteinander zur Verfügung und können dies für sich nutzen. Suchen Sie, auch wenn es Ihnen schwer fällt und Sie Angst davor haben, das Gespräch mit Ihrem Mann um herauszufinden, wo Sie beide wirklich stehen, was noch von der einstigen Liebe und Anziehung übrig ist oder im Verborgenen schlummert. Worüber macht Ihnen Ihr Mann Vorhaltungen, womit ist er unzufrieden?
Machen Sie eine Bestandsaufnahme
Versuchen Sie sich gegenseitig nicht anzugreifen indem Sie sich Vorwürfe machen. Versuchen Sie sich und Ihre jeweiligen Nöte ernst zu nehmen. Machen Sie eine Bestandsaufnahme und definieren Sie Ihre Sehnsüchte, Wünsche, Ängste und Ziele. Nur so können Sie herausfinden, ob es eventuell doch noch mehr Schnittmengen gibt oder ob daraus resultierend eine gemeinsam tragbare und aufrichtige Trennung die einzige und letzte Möglichkeit ist.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Partner mit der aktuellen Beziehungslage glücklicher ist als Sie und genau das gibt Ihnen den Boden und die Grundlage, respektvoll gemeinsam Perspektiven zu klären. Sofern Sie sich trauen über Ihren eigenen Tellerrand hinauszublicken und die Anteile eines jeden klären können und wenn da noch ein Funken Zuneigung und Vision vorhanden sind, haben Sie eine realistische Chance. Nur Mut, gehen Sie es an, laufen Sie nicht davon, so wird alles gut werden auch wenn es nicht immer einfach ist!