Dorothea Perkusic – Publikationen

Kann ich meinem Freund wieder vertrauen?

In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können Sie Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Ihre Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Frage einer Frau:

Ich war fast sechs Jahre lang in einer Beziehung mit einem Mann, bis ich über Facebook eine Nachricht einer Unbekannten bekam. Sie sagte, sie habe seit einem Jahr Kontakt zu meinem Freund und sie würden unter anderem Nacktfotos austauschen. Ich bin aus allen Wolken gefallen und habe meinen Freund damit konfrontiert. Zuerst stritt er alles ab und dann gab er es zu. Ich habe noch Gefühle für ihn, davon aber auch einige negative. Ich habe kein Vertrauen mehr. Er hatte mit dieser Frau nur schriftlichen Kontakt, es gab keine Treffen, da sie weit weg wohnt. Er suchte den Kontakt über eine Flirt-App.

Ich bin enttäuscht und traurig, fühle mich schlecht behandelt und belogen. Dennoch schätze ich seine guten Seiten. Wir sehen uns jetzt einmal in der Woche, telefonieren und reden. Ich habe jedoch das Gefühl, dass das nicht hilft. Zu Beginn unserer Beziehung hat er sowas auch gemacht und hatte sogar eine parallele Beziehung, Was soll ich machen? Kann ich diesem Mann jemals wieder vertrauen?

Dorothea Perkusic:

Vielen Dank für Ihre Frage. Ich kann Ihre Verunsicherung gut verstehen. Leider kann ich Ihnen nicht beantworten, ob Sie diesem Mann jemals (wieder) vertrauen können. Die grundlegende Frage ist für mich eher, ob Sie ihm vertrauen wollen. Vertrauen ist immer erstmal eine Entscheidung. So wie auch zu Beginn einer Beziehung. Da kennen Sie den Menschen in den Sie sich verliebt haben noch nicht, wissen nicht, ob Sie ihm vertrauen können, entscheiden sich jedoch, es zu tun. Damit ist dann immer auch ein gewisses Risiko verbunden, eventuell getäuscht und enttäuscht zu werden, das Sie einmal bereit waren einzugehen. So stellt sich auch jetzt die Frage nach Ihrer Bereitschaft, nur dass Sie bereits negative Erfahrungen mit diesem Menschen machen mussten.

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Dass Sie seine guten Seiten schätzen und auch bereit sind ihm zu verzeihen, spricht für Sie und erklärt sich mitunter darüber, dass Sie noch Gefühle für ihn haben. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, jedoch dürfen Sie auch einen Anspruch haben und Ihrem Anspruch treu bleiben. Dieser wäre für eine monogame Beziehung zum Beispiel Treue und sexuelle Exklusivität, Ehrlichkeit, gegenseitiger Respekt, Wertschätzung und Vertrauen.

Woran halten Sie fest und was lässt Sie nicht los? Dass Sie eine Bereitschaft mitbringen, Konflikte zu lösen, sich den Gegebenheiten und Problemen zu stellen und zu verzeihen, haben Sie bereits sehr früh gezeigt. Nämlich als Sie ihm den Vertrauensbruch gleich zu Beginn ihrer Beziehung verziehen haben und sich trotzdem weiter darauf einließen. Beziehungen beginnen nie mit der Gewissheit, ob es als Paar klappen wird. Keiner weiß, was kommen wird. Wir beginnen mit der Entscheidung füreinander und das ist was zählt. Der Wunsch, dass es klappen soll und dann bewegen wir uns mit dieser Entscheidung in Richtung von gemeinsamen Visionen und gegenseitigen Sicherheit schaffenden Verbindlichkeiten. Diese werden miteinander vereinbart. Manchmal stillschweigend, manchmal direkt ausgesprochen. Jedes Paar legt seine eigenen Beziehungsregeln fest.

Ich weiß nicht, wie weit Sie in den Gesprächen mit Ihrem Freund bis jetzt gekommen sind. Es scheint zumindest nicht dafür auszureichen, dass Sie sich wirklich vorstellen können, nochmal mit ihm durchzustarten. Es wird nicht ausreichen, dass er zugibt, unaufrichtig gewesen zu sein und Sie betrogen zu haben. Die Frage ist, ob er damit aufhören kann und will oder ob er sich immer wieder kleinere und größere Ausbüchser leisten wird, flirten und nach anderen Frauen suchen will oder ob er verstanden hat, dass dies in Ihrem gemeinsamen Beziehungsmodell, mit Ihren bisherigen Vereinbarungen und Regelungen zerstörerische und für Sie nicht akzeptable Grenzüberschreitungen sind. Ein „eigentlich will ich es ja gar nicht aber es passiert eben so“ reicht da nicht für Sie aus und genau dies müssen Sie klarstellen und Ihre eigenen Konsequenzen daraus ziehen.

Letztlich haben Sie sich Ihre Frage an mich vielleicht bereits selbst beantwortet. „Ich habe kein Vertrauen mehr“ und „ich habe das Gefühl, dass reden nicht hilft“ schreiben Sie. Dies sagt schon aus, dass das, was Ihnen diese Beziehung und dieser Mann zu bieten haben, möglicherweise nicht ausreichend für Sie ist und das ist völlig in Ordnung. Seine guten Seiten dürfen Sie weiterhin wertschätzen, ohne diese größer und gewichtiger zu machen, als sie sind. Klären Sie, ob er Ihnen eine echte Perspektive bieten und einen Ausgleich für den Vertrauensbruch schaffen kann, auf deren Basis Sie Vertrauen fassen können und mit der Sie sich wohlfühlen. Entscheiden Sie sich für diese Beziehung nur, wenn Sie ein klares „JA“ fühlen. Ich wünsche Ihnen alles Gute, ein offenes Herz und einen klaren Verstand.

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