Dorothea Perkusic – Publikationen

Mein Mann spürt beim Sex kaum etwas und kommt nur selten zum Höhepunkt: Woran kann das liegen?

In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können Sie Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Ihre Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Frage einer Frau: Der Sex mit meinem Mann dauert zu lange und zwar für uns beide. Denn er kann nicht zum Orgasmus kommen. Es wird immer schwieriger für ihn, es dauert von mal zu mal länger und teilweise kommt er gar nicht zum Höhepunkt. Er spürt immer weniger und das stört uns beide extrem. Denn einen Orgasmus zu kriegen, gehört für uns einfach zum Sex dazu. Woran könnte das liegen und was können wir tun, damit es besser wird? Kann es daran liegen, dass er als Kind beschnitten wurde?

Dorothea Perkusic:

Viele denken beim Sex nur schwer oder gar nicht zum Orgasmus zu kommen, wäre ein eher weibliches Problem. Doch dem ist nicht so. Auch viele Männer kämpfen mit diesen Schwierigkeiten und kommen teils gar nicht, oder nur unter großer Anstrengung zum Höhepunkt. Mit Genuss hat dies dann meist nichts mehr zu tun und auch Sie als Partnerin leiden darunter sich geradezu „abrackern“ zu müssen. Wie sich ein beschnittener Penis auf den Sex auswirkt ist umstritten. Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass sich eine Beschneidung auf das sexuelle Empfinden nicht auswirkt. 

Mögliche Ursachen für Orgasmusschwierigkeiten

Der Grund für Orgasmusschwierigkeiten oder- verzögerungen kann an verschiedenen Faktoren liegen. Einer davon ist, dass die Art der Stimulation, die sowohl Männer als auch Frauen bei der Selbstbefriedigung erlernt haben und als effektiv und zielführend erleben, in den meisten Fällen unter vollem Muskeleinsatz, mit sehr starkem Druck und zupackender Kraft verbunden ist. 

Das Becken und oft auch der ganze Körper ist dabei stark angespannt und es bewegt sich nichts außer der Hand. Dies lässt sich dann mit einer Partnerin und in der Vagina so nicht umsetzen. Die Intensität der Stimulation reicht dann einfach nicht mehr aus um zum Orgasmus kommen zu können. Außerdem braucht es beim Sex mit der Partnerin ein bewegliches Becken, damit die Erregung voll ausgekostet werden kann. 

Unter Anspannung ist der Sex anstrengend, einige reagieren auch mit Kopfschmerzen und Atemnot, weil sie so verkrampfen. Seelisches Ungleichgewicht, Probleme, Sorgen, Stress, Gedankenkreisen, tun ihr Übriges dazu, dass sich das Problem verstärkt.

Körper kennen lernen

Aus meiner Sicht und Erfahrung, liegt das Problem hauptsächlich darin, dass Männer (und auch Frauen!) oft viel zu wenig über ihren Körper und über ihre eigene Genussfähigkeit gelernt haben. Der frühe Beginn der Selbstbefriedigung läuft meist immer weiter nach dem selben funktionellen Muster ab. Und befriedigenden Sex mit der Partnerin zu erleben, ist dann etwas völlig anderes. Wer gehemmt ist, sich in der Vielfalt der Berührungsarten zu üben, über angenehmes, erregendes und weniger positives offen zu sprechen und sich zu öffnen, leidet dann oft auch körperlich unter dem Druck und den Unsicherheiten, die daraus resultieren. Errektionsstörungen (oder bei Frauen nicht feucht zu werden) sind dann nicht selten die Folge, denn der Körper kapituliert regelrecht unter dem Leistungsanspruch. 

Wenn die gemeinsame Sexualität nicht mehr als befriedigend und sättigend erlebt wird, beginnt die meist stressige Jagd nach einem anderen Kick, gefolgt von frustriertem Rückzug anstelle von Annäherung. Umso wichtiger ist es dann, darüber zu sprechen und sich auszutauschen, um einfühlsam, verständnisvoll und lösungsorientiert eine andere Art der sexuellen Zweisamkeit zu entdecken. Ohne Druck, Erwartungen und Stress. 

Denn genau dadurch geht das Gefühl und das genussvolle Empfinden von Berührungen verloren. Wenn Ihr Mann oder auch Sie beide gemeinsam also nur einen einseitigen Weg der Sexualität und Befriedigung kennen oder gewöhnt sind, können Sie lernen sich anders zu berühren, um für feinere, sanftere und genussvollerer Impulse wieder empfänglicher zu werden. Das klappt vielleicht nicht von jetzt auf gleich. Denn der Körper, die Nerven, die Haut und Venen müssen erst für eher unbekannte Reize sensibilisiert werden. 

Ihr Mann und auch Sie selbst müssen bereit sein, sich neu zu spüren, und eine andere sexuelle Variante für sich zu entdecken. Nicht zuletzt sollten Sie gemeinsam darüber nachdenken, wie Sie Ihrer Sexualität gemeinsam eine neue Qualität geben können. Richten Sie den Fokus mehr darauf, sich gemeinsam spüren und Ihre Verbindung zueinander zu stärken. Tiefere Blicke, mehr Ruhe und Frieden, weniger „müssen“ und weniger zielgerichtetes, angespanntes und aufgeregtes „Treiben“. Mehr entspannten Genuss auf allen Sinnesebenen und eine liebevollere Begegnung. Das wird nicht nur Ihrer Sexualität, sondern auch Ihrer Beziehung gut tun. Selbst wenn sich dies für Sie erstmal langweilig anhören oder anfühlen mag, versuchen Sie das Programm umzuschalten – es wird sich lohnen!

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