Dorothea Perkusic – Publikationen

Mein sexuelles Durchhaltevermögen lässt nach: Was kann ich tun?

In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können Sie Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Ihre Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Die heutige Frage:

Frage eines Mannes, 27 Jahre, verheiratet: Mein sexuelles Durchhaltevermögen lässt nach. Was kann ich tun? Bis vor etwa einem Jahr war das Sexleben zwischen mir und meiner Frau gut. Das heißt, ich konnte mal mehr, mal weniger ausdauernd, im Schnitt etwas 10 Minuten Sex haben und meine Frau und mich zum Orgasmus bringen. Das hat uns beiden gereicht und wir waren insgesamt zufrieden. Ich würde gerne länger Sex haben können um einige Dinge auszuprobieren. Seit etwa 1,5 Jahren komme ich gleich nach ein paar Minuten oder auch gleich nach dem Einführen zum Orgasmus. Meine Frau kommt dadurch nicht zum Höhepunkt, was uns beide sehr stört. Wir haben bereits darüber gesprochen und einiges ausprobiert um den Orgasmus hinauszuzögern. Zum Beispiel Kondome, die den Orgasmus verzögern sollen oder auch einen Penisring. Leider hat es nichts gebracht. Seither habe ich Aggressionsprobleme, bin angespannt und rege mich über jede Kleinigkeit auf. Im Beruf habe ich mich noch unter Kontrolle und kann meine Unzufriedenheit verdrängen, aber zu Hause kommt alles raus. Gibt es da einen Zusammenhang? Hängen meine Aggressionen und meine sexuelle Frustration zusammen? Früher war ich immer der Entspannte und mich hat nichts aus der Ruhe gebracht. Heute hat sich das um 180 Grad gedreht. Was kann ich tun?

Dorothea Perkusic:

Vielen Dank für Ihre Frage. Ich habe Sie ungekürzt gelassen, da ich jedes Detail wichtig finde. Und ich weiß, dass es vielen Männern genau wie Ihnen geht. Wenn ich Ihre Frage von Anfang bis Ende lese, habe ich den Eindruck, dass Sie zwar mit dem Sexleben das Sie vor dem Auftreten der Problematik hatten zufrieden waren, jedoch auch nicht mehr. Ein gewisser Druck scheint Sie schon länger begleitet zu haben, denn das Erreichen des Orgasmus Ihrer Frau, war die erzielte Erleichterung. Und Erleichterung bedeutet immer, dass man vorher unter Anspannung war. Das Ziel war also das Ziel und weniger der Weg dahin. Dies sollten Sie mal umdrehen. Wenn Sie so weiter machen, bringen Sie sich beide nicht nur um den Orgasmus, sondern insbesondere um den Genuss, der nicht zwangsläufig allein von der Penetration abhängt.

Sex sollte nicht nur auf den Höhepunkt ausgerichtet sein

Der Fokus sollte stets auf dem Genuss, der Nähe, dem Kribbeln und dem Spüren liegen. Wenn Sie nur wegen der Hütte am Gipfel auf den Berg rennen, verpassen Sie viel Schönes. So auch beim Sex. Sie schreiben, dass Sie gerne einiges ausprobieren möchten und das ist doch super. Sex ist soviel mehr, als Penetration. Erweitern Sie das Vorspiel und eventuell auch das Nachspiel, oder denken Sie gar nicht in vorher und nachher. Mit dem Erreichen eines Orgasmus muss Sex noch lange nicht enden. Viele Männer leiden unter diesem Problem, es ist ein Irrglaube, alle anderen würden dreißig Minuten „durchhalten“. Genau um dieses „Durchhalten“ geht es nicht.

Dies käme dem Begriff „Aushalten“ ziemlich nah und daran sehen Sie, dass da grundlegend etwas verkehrt läuft in Ihrem Denken. Denn rein zielorientierter Sex hat mit Spaß, Freude und Intimität, sich fallen lassen können, nicht viel zu tun. Sie sind ein Mann, keine Maschine und das ist gut so! Frauen brauchen keine Roboter im Bett, sondern einen einfühlsamen, kreativen, aufgeschlossenen Mann, der ruhig auch mal Schwäche zeigen darf und zu seinem „nicht perfekt sein“ genauso steht, wie er dies auch nicht seiner Partnerin abverlangt.

Was können Sie also tun? 

Nehmen Sie den Druck raus! Wir Menschen neigen leider dazu, uns mehr auf das zu konzentrieren, was wir nicht so gut hinkriegen, als auf das, was uns gut gelingt. Es gibt auch in Ihrer Sexualität sicher einige Dinge und Talente, die Sie beide miteinander erleben können, die richtig gut sind und auch befriedigend. Also spezialisieren Sie sich doch zunächst mal in diesen Bereichen. Entdecken Sie Neues, wagen Sie sich gemeinsam hinaus auf unbekanntes Terrain. Orgasmen kommen auch auf anderen Wegen. Seien Sie etwas netter mit sich selbst, dann müssen Sie auch nicht mehr so wütend sein, über all die enttäuschten Erwartungen, die Sie an sich selbst stellen. Hören Sie auf, sich so viel abzuverlangen, kein Mensch und auch kein Mann ist andauernd in Bestform.

Reflektieren und hinterfragen Sie

Als nächstes reflektieren Sie, ob Sie einen Auslöser erkennen können, wann es begonnen hat, dass Sie nicht mehr so leistungsfähig waren. Was war vor diesen 1,5 Jahren? Gab es einschneidende Veränderungen in Ihrem Leben, dem Job oder in Ihrer Beziehung, zu viel Stress oder vielleicht etwas, das Sie verletzt hat? Manchmal reicht schon eine kleine Bemerkung und nichts ist mehr, wie es war. Was bringt oder brachte Sie aus der Ruhe? Ein Zusammenhang kann hier durchaus bestehen. Zu Ihrer Beruhigung können Sie sich auch beim Urologen durchchecken lassen, um körperliche, hormonelle Ursachen sicher ausschließen zu können. Kopf hoch, wahrscheinlich will Ihnen ihr Kollege da unten etwas sagen, was Sie anders noch nicht verstanden oder berücksichtigt haben. Hören Sie ihm zu und in sich hinein, dann wird alles gut!

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