In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können Sie der Einzel- und Paartherapeutin Dorothea Perkusic Ihre Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.
Wir sind seit 12 Jahren verheiratet und haben vier Kinder. In letzter Zeit stellen wir häufig fest, dass wir manche Dinge tot schweigen. Nicht zufrieden stellende Situationen versuchen wir nicht mehr zu lösen, sondern schieben sie einfach weg, Hauptsache es entstehen keine Streitereien und wir haben unsere Ruhe.
Jetzt werden wir aber immer frustrierter und es wird schwerer statt leichter. In einem Gespräch haben wir festgestellt, dass wir deshalb beide deswegen enttäuscht voneinander sind und auch sauer. Zu zweit drehen wir uns im Kreis und mit Freunden darüber zu reden hilft uns auch nicht so richtig weiter. Ab wann sollte ein Paar eine Therapie beginnen, ist das schon Grund genug?
Dorothea Perkusic:
Die meisten Paare warten zu lange warten bis Sie den Schritt in die Paartherapie machen. Festzustellen, dass man zusammen nicht weiterkommt und sich dann auch noch eingestehen zu müssen, dass man Hilfe braucht um aus dem Karussell auszusteigen, ist für die meisten Menschen schwer. Zumal es in unserer Gesellschaft leider längst nicht normal ist darüber zu reden, wenn es in der Partnerschaft oder gar der Sexualität nicht gut läuft.
Diese Bereiche sind zu schambehaftet und intim. Der Vorgarten soll immer fein aussehen. Doof ist halt, wenn es im inneren des Hauses schimmelt und müffelt. Konflikte sind wichtig für jede Paarbeziehung und damit durchaus als etwas positives zu sehen. Durch sie können wir lernen, uns schwierigen Gefühlen zu stellen. Nach Lösungen zu suchen und diese auch zu finden, immer wieder erneut aufeinander zuzugehen. Das zu schaffen, ist ein gutes Erfolgserlebnis und macht uns stark. Dies sind wichtige Kompetenzen für jeden Menschen, ganz egal ob in der Partnerschaft, mit Freunden oder im Job.
Eine Paartherapie sollten Sie genau dann in Erwägung ziehen, wenn Sie das Gefühl haben, allein nicht weiter zu kommen. In einem frühen Krisenstadium reicht manchmal ein neutraler Blick von außen, der ein paar gute Impulse für Sie liefert, damit Sie etwas verändern können. Ich halte nichts davon, bei jeder kleinen Schieflage zum Therapeuten zu rennen. „Man kann nie früh genug damit beginnen“ ist nicht meine Devise. Dennoch bleiben nur wenige Paare von größeren Krisen unberührt. Damit es dann nicht zu größeren Dramen kommt, ist Prävention immer besser als ein Scherbenhaufen.
Wikipedia sagt: „Therapie bedeutet etwas zu pflegen oder zu heilen. Maßnahmen die darauf abzielen, Verletzungen positiv zu beeinflussen. Der Therapeut hilft dabei, Heilung zu ermöglichen oder zu beschleunigen“. Hört sich doch gar nicht mehr so wild an? Etwas zu pflegen, was einem lieb und teuer ist – absolut erstrebenswert!