Dorothea Perkusic – Publikationen

„Womanizer“ gut fürs Liebesleben? Eine Frage des Blickwinkels

In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können Sie der Einzel- und Paartherapeutin Dorothea Perkusic Ihre Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Die heutige Frage einer Frau:

Ich bin 34 Jahre alt und hatte bereits mehrere Beziehungen. Mit meinem jetzigen Partner bin ich seit vier Jahren zusammen. Wir haben eigentlich ein schönes Sexleben, allerdings bin ich noch nie mit einem meiner Partner zum Höhepunkt gekommen. Wenn ich mich selbstbefriedige dauert es zwar eine Weile, aber dann kriege ich einen Orgasmus. Wir haben schon vieles versucht, aber es klappt einfach nicht, Ich habe nun überlegt, mir den „Womanizer“ zu bestellen um ihn in unser Liebesleben mit einzubauen. Ich habe gelesen, dass damit angeblich jede Frau garantiert zum Orgamus kommt. Irgendwie habe ich dabei aber ein komisches Gefühl. Können Sie mir dazu einen Rat geben?

Dorothea Perkusic

Zur Erklärung für alle, die nicht wissen, was ein „Womanizer“ ist: Es handelt sich hierbei um einen Auflegevibrator. Er stimuliert nicht wie andere Vibratoren per Penetration, sondern über einen Saugeffekt die Klitoris, das Köpfchen des kleinen Knubbels, der sich zwischen den inneren Schamlippen befindet. Vorstellen muss man sich dies wie einen kleinen Staubsauger, der die Eichel der Klitoris in einen wenige Zentimeter großen Silikontunnel saugt. Durch den Unterdruck der dabei entsteht, wird das Organ besser durchblutet und dadurch empfindsamer. Die Stimulation erfolgt dann durch Druckwellen, deren Stärke sich variieren lässt und soll so den Orgasmus bringen. Nicht wenige Frauen erleben so ihren ersten sexuellen Höhepunkt und Orgasmusstörungen können sich damit tatsächlich überwinden lassen. Dies liegt unter anderem daran, dass Fingern oder Zunge eine Nachahmung dieser Druckwellen nicht möglich ist.

Befriedigende Variante

Sexspielzeug in ihr Liebesleben einzubeziehen, kann also durchaus eine befriedigende Variante sein. Jedoch ersetzt dies nicht die Verbindung und Nähe, die ein Paar miteinander braucht, um sich losgelöst und frei fallen lassen zu können, damit Sexualität als erfüllend erlebt wird. Vielmehr wird hier aus meiner Sicht der Fokus zu stark auf das Ziel gerichtet, als auf den Weg. Ich sehe die Fokussierung rein auf die Geschlechtsorgane kritisch, da diese Zielgerichtetheit auch unnötigen Druck und Stress erzeugen kann. Denn es gibt soviel mehr erogene Zonen am Körper und im Kopf, die dadurch vielleicht vernachlässigt oder gar ausser Acht gelassen werden. In den meisten Fällen führt die Vernachlässigung der Klitoris dazu, dass Frauen mit ihrem Partner keinen Orgasmus bekommen. Dabei spielt keine Rolle, ob Sie als Frau selbst Hand anlegen oder Ihr Partner dies tut.

Ein Orgasmus bedeutet immer auch Auflösung und Kontrollverlust, um diesen zulassen zu können. Hierzu ist viel Geborgenheit und Vertrauen nötig. Daher sollten Sie auch die Beziehungsebene nicht unberücksichtigt lassen. Je selbstbewusster Frauen sind und umso wohler sie sich fühlen, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Sie einen Orgasmus erleben. Dies liegt an der Fähigkeit und Freiheit einzufordern, was Sie brauchen, egal wie lange es dauert oder was dazu notwendig ist. Wenden Sie sich einmal ganz in Ruhe sich selbst zu. Worin liegt nach Ihrem Empfinden der Unterschied wenn Sie sich selbst befriedigen, im Vergleich zum Partnersex? Was spannt Sie in Verbindung mit einem Partner an, wovon fühlen Sie sich unter Druck gesetzt oder setzen sich selbst unter Druck und welche Erwartungshaltung haben Sie an sich selbst?

Wie ein Thermomix

Ich würde den Womanizer mit dem Thermomix vergleichen. Ab und an und für gewisse Dinge, mag dieser ein fabelhaftes Haushaltsgerät sein, das Speisen zu einem vermeintlich perfekten Ergebnis kocht. Jedoch ist es ein Unterschied, ob der Thermomix das Brot bäckt oder Sie selbst. Das eine ist eine saubere und unkomplizierte, befriedigende und auch schnelle Variante. Diese kann hilfreich und richtig gut sein und das Leben erleichtern. Allerdings fehlt hierbei ein wenig die Liebe, das Gefühl, das Interesse an der Zubereitung und die damit verbundene Auseinandersetzung. Das Gefühl, einen Teig mit den bloßen Händen zu kneten, sich daran zu erfreuen wie er aufgeht und zu beobachten, wie das Brot im Ofen bäckt, währen sich ein herrlicher Duft im Raum ausbreitet, kann ein Thermomix nicht ersetzen.

Probieren Sie also aus, was auch immer Ihnen gut tut. Ich sage immer: Erlaubt ist, was allen beteiligten gut tut! Etwas Vorsicht ist beim Womanizer geboten, da die pulsierenden Reize die von ihm ausgehen sehr stark sind. An diese gewöhnt sich der Körper schnell, was Frauen mitunter weniger empfänglich für die Berührungen des Partners und für sanftere Simulationen macht.

Ich sehe die Sache also etwas kritisch, bin jedoch weder für, noch gegen Geräte wie den Womanizer. Sondern lediglich dafür, dass Sie sich selbst genau das zugestehen, was Ihnen ganz persönlich einen Mehrwert bringt und Sie glücklich macht. Hinterfragen Sie Ihr „komisches“ Gefühl und entscheiden Sie, womit Sie sich wohl fühlen. Zumal Sie mit einem Sexspielzeug keinen Bund fürs Leben eingehen müssen, sondern sich auch jederzeit wieder davon trennen können.

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